Was ist die Psychoanalyse?
Was kann, was will die Psychoanalyse?
Was wollen Sie, was können Sie von der Psychoanalyse erwarten!?
Und: warum eine Psychoanalyse nicht mit der kassenfinanzierten analytischen Psychotherapie verwechselst werden sollte.
Am Anfang steht oft Ihre Frage, Ihr Wunsch nach Orientierung.
Vielleicht möchten Sie auch Ihre Persönlichkeit gründlicher erforschen. Vielleicht gibt es bereits eine konkrete Frage; allein sollten Sie das Fragen verlernt haben, lernen Sie in einer Analyse, die richtigen Fragen zu stellen. Es kann aber auch sein, dass Sie Verfehlungen der vergangenen Jahre oder verpasste Chancen bedauern, nicht aber betrauern, nicht damit abschliessen können, was Sie mit dem womöglich überstürzten Entschluss vorschnell entschieden haben: das andere Extrem – Sie kommen zu keiner Entscheidung, hadern, schieben auf – neudeutsch – prokrastinieren: vielleicht haben Sie an einer Stelle viel zu lange gezögert, und die Stelle auf dem umkämpften Arbeitsmarkt war bereits vergeben. Vielleicht sind Sie auch einen guten Schritt vorangekommen und Sie realisieren erst jetzt, dass sich bestimmte Konstellationen – etwa in der Wahl eines Partners oder eines Arbeitgebers – wie von selbst eingestellt haben. Irgendwie ist es gelaufen – nur nicht so, wie Sie es sich erhofft haben, allein wer sagt Ihnen, dass Zufriedenheit als Dauerzustand Ihr Befinden charakterisiert: kennen Sie Menschen, die von sich sagen, dass Sie immer zufrieden seien?
„Die Zeit in der wir leben, ist nicht unbedingt die Zeit der Psychoanalyse.“
Das meinen Leute, die den Aufwand für unverhältnismäßig hoch halten: Zu langwierig, zu teuer, zu ungewiss im Ergebnis sei die Psychoanalyse. Allein, dass über weite Strecken die Initiative nicht vom Anderen ausgeht, den Sie doch eigens dafür aufgesucht haben dass er Ihnen weiterhilft. Und dann stellt sich ja noch die Frage, wer für die Kosten aufkommt. Denn die so genannten anerkannten Psychotherapieverfahren wie die analytische Psychotherapie, die tiefenpsychologisch fundierte Therapie und die Verhaltenstherapie – vor wenigen Jahren ist noch die systemische Psychotherapie dazu gekommen – orientieren sich am Krankheitsbegriff, benötigen eine Diagnose nach einer internationalen Klassifikation (ICD 10/11) Ich versuche mich an einer Unterscheidung:
Psychotherapie soll heilen.
Die Psychotherapierichtlinie geht aus von dem Begriff der Störung, zu verstehen als seelische Krankheit, als seelisches Leiden, das nach Kräften minimiert werden soll:
„Seelische Krankheit wird als krankhafte Störung der Wahrnehmung, der Erlebnisverarbeitung, der sozialen Beziehungen und der Körperfunktionen verstanden. Der Charakter dieser Störungen kommt wesentlich darin zum Ausdruck, dass sie der willentlichen Steuerung durch den Patienten nicht mehr oder nur zum Teil zugänglich sind.“
(Faber/Haarstrick. Kommentar Psychotherapierichtlinien, S.16. 1999 Urban & Fischerverlag, München)- Jenseits der Psychotherapie, da beginnt die Analyse.
Psychoanalyse will wissen.
In anderen Worten, die von seinem Begründer Sigmund Freud zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts begründete Psychoanalyse will nicht heilen oder lindern. Die Psychoanalyse will zunächst einmal wissen. Sie fragt sehr wohl nach den Umständen des Symptoms, seinem erstmaligen Auftauchen, den Lebenszusammenhängen und, was es – das Symptom aufrecht erhält, möglicherweise befüttert. Und Sie fragt – völlig schambefreit – auch nach dem persönlichen Nutzen, den das Symptom – etwa der Schmerz, aber auch das Vergessen – dem Menschen bringt.
Sie ist dadurch etwas radikal anderes. Zuerst einmal will sie sensibilisieren für die Themen, die Sie umgeben, die in ihrer Komplexität auch etwas überwältigendes, etwas überforderndes haben. Oder ist es nicht so, dass aus der gewachsenen Sensibilität für die drängenden Fragen dieser Tage nicht längst eine Reizbarkeit erwachsen ist, die – über die Sensibilität hinaus – die Offenheit für die Fragen des Anderen gar nicht mehr entstehen lässt.
Wie kann ich mich offen halten für die Fragen des Anderen, die mir helfen könnten, dem Weg – dem Weg des Anderen – weiter neugierig zu folgen, auch wenn ich meinen eigenen Weg – Auf dem Weg zur hypersensiblen Gesellschaft? – mitunter zu verlassen scheine. Sie werden sich nun vllt. fragen: Von welchem Anderen ist hier die Rede!? Ist es mein Freund, den ich anrufe, wenn ich mich festgefahren habe, dessen Rat ich brauche, wenn ich nicht weiter weiss? Ist es das Urteil des Anderen, das ich so sehr fürchte, obwohl ich mir doch schon einmal meiner deutlich sicherer gewesen zu sein schien? Was ist da passiert? Warum fürchte ich die womöglich vernichtende Kritik des Anderen so sehr, dass ich schon lange keine neuen Erfahrungen zu machen mehr bereit bin?
Vielleicht ist es auch ein Teil in mir, den ich aus dem Blick verloren habe, der mir seit längerem nicht mehr zur Verfügung steht, keine Orientierung bietet? Der von Tilman Moser gleichnishaft verwendete Kompass der Seele – das Gefühl – was ist, wenn ich den Zugang zu meinen Gefühlen offensichtlich eingebüsst habe? Ist es gut empfänglich zu sein für die Fragen und Meinungen der Anderen oder will ich mich nicht verunsichern lassen!?
Sie sehen, es geht also deutlich weiter mit der Psychoanalyse.