Es geht also darum,
„dass die Psychoanalyse genau dort entsteht, wo anstelle der „Therapie“, die ein Symptom beseitigen und einen mehr oder weniger vorher existierenden Zustand des Wohlbefindens wieder herstellen will, sich „Veränderung“ einstellt und besonders „Bewusstsein“. (aus dem „Manifest für die Verteidigung der Psychoanalyse“ von Alessandra Guerra; aus dem italienischen übersetzt von Claus Dieter Rath, Berlin)
Ein Auszug aus den Psychotherapierichtlinien, die in der alten Auflage der Psychotherapie Richtlinien galten, macht deutlich, wo die Grenzen der psychosozialen Versorgung liegen, die eine Versichertengemeinschaft tragen soll:
„Die Zielvorstellungen des Therapeuten wie die des Patienten sind an der Heilung oder Linderung von seelischer Krankheit orientiert, nicht an einer „die gesamten Lebensverhältnisse umfassenden psychosozialen Versorgung“. Zielvorstellungen, die eine Entfaltung und Konstituierung der Persönlichkeit anstreben, liegen außerhalb der vertragsärztlichen Krankenbehandlung; sie können nur dann eine Therapie im Rahmen der kassenärztlichen Versorgung rechtfertigen wenn der Nachweis des Ätiologiezusammenhangs einer Persönlichkeitsstörung mit seelischer Krankheit erbracht werden kann.“ (Faber/Haarstrick S. 17)
Das bezahlt Ihre gesetzliche Krankenversicherung:
Abgeleitet wird daraus ein Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenkassen von 160 Sitzungen und im besonderen Fall von 240 Sitzungen. Die Höchstgrenze, für die üblicherweise noch bezahlt wird, liegt bei 300 Sitzungen. Ich möchte an dieser Stelle nicht tiefer hinterfragen, wann ein psychotherapeutischer Prozess zu beenden ist. Wer sich dafür interessiert, kann die Aufsätze von Sigmund Freud „Die endliche und die unendliche Analyse“ (1937) und „Die Frage der Laienanalyse“ (1926) lesen.
Aufgegriffen und weitergeführt werden soll dagegen die Frage nach der Autorisierung des Psychoanalytikers: Welchen Regeln und Kontrollen soll und darf sich die Psychoanalytikerin oder der Psychoanalytiker unterwerfen, die den Erkenntnisprozess in der Lehre begrenzen oder sogar behindern könnten? Auch die Frage nach dem Zugang zur Analyse und wer diese in seiner Praxis und Verantwortung ausführen darf, gehört in den Kontext und bedarf der kritischen Diskussion. Freud hat im oben genannten Aufsatz „Die Frage der Laienanalyse“ innerhalb eines fiktiven Dialogs zwischen einem Laien und ihm selbst dazu Stellung genommen.
Schliesslich geht es auch um die Ausbildung in der Psychoanalyse – in Deutschland und in den benachbarten europäischen Ländern.
Wie frei soll die Psychoanalyse wirken?
„In anderen Worten: Was passierte, wenn allgemein und aus irgendeinem Grund das Psychoanalytikerwerden von dem vorangehenden Psychologe- oder Arztwerden abhängig gemacht würde? Was passierte, wenn um eine Lehranalyse zu machen – Grundlage der Psychoanalytikerausbildung – man vorher oder gleichzeitig ein Diplom in Psychologie oder Medizin erwerben müsste? Kein Zweifel: Die Psychoanalyse würde letztendlich ihr fremden Disziplinen unterworfen und mit der Zeit würde sie zu einem ihrer „Bereiche“ oder zu einer ihrer „Spezialisierungen“, was ihr Ende bedeutete.“ (A. Guerra)
Damit liegt die Verantwortung für den analytischen Prozess zunächst einmal in der Hand jedes Einzelnen. Sie oder er sollte selbstverständlich stets überprüfen, ob das eigene Handeln in der analytischen Position für sich und den anderen klar genug über das Geschehen an und in dem Übertragungsgeschehen begründet ist. So kann man vermeiden, in den Bereich der Suggestion, der Verführung oder der Heilung zu rutschen.
Möglich wird das alles nur durch eine freie Psychoanalyse, die keiner fremden Disziplin unterstellt ist.
Machen wir uns an die Arbeit: Es geht um nicht weniger als Verteidigung der Psychoanalyse und ihres Erkenntnisideals.
Lassen wir den Blick frei schweifen. Frei von manipulativen und normativen Vorgaben, die den Zugang zur Erkenntnis verstellen oder trüben könnten. Denn darin liegt die Gefahr, wenn das Therapieziel lediglich auf Status- und Besitzstandswahrung ausgerichtet wäre und damit der aufklärerischen Grundhaltung zuwider laufen würde.
Freud und Lacan
Durch eine Rückkehr zur Freud – mit einer Kehrtwende zur originären freudschen Psychoanalyse, der sich bereits Jacques Lacan verschrieben hat –, arbeiten wir den tragischen Folgen des Vergessens in der Klinik aber auch in der Überlieferung – und nicht nur in der Geschichte der Psychoanalyse – entgegen.
Weiter gilt es, die Auswirkungen des Vergessens zu bedenken, um zum Sinn der freudschen Entdeckung zurückzukommen: Das Unbewusste ans Licht bringen – überall dort, wo es sich zeigt: in den Worten, in den Sätzen, den Leerstellen, den Symptomen. Es kommt darauf an, dass wir uns dem zuwenden, was ausgesprochen werden will, dass wir die Ohren öffnen. Wie heisst es doch bei Freud? „Wo Es war, soll Ich werden.“ Dort gilt es, hin zu gelangen oder sich diesem Punkt zumindest anzunähern.
Die Psychoanalyse ist kein Heilverfahren: Sie will uns wachhalten für das, was geschieht.
Durch meine Orientierung an der Psychoanalyse von Jacques Lacan (- doch hören Sie selber -) will ich den Versuch mit Ihnen wagen. Durch den Rückbezug auf Freud und seine Theorie des Unbewussten helfe ich Ihnen dabei, selber eine Antwort auf Ihre Fragen zu finden. Denn wie heißt es in der buddhistischen Tradition: Es ist nicht die Aufgabe des Lehrers, eine Antwort zu finden auf die Fragen seiner Schüler.
Vielleicht gelingt es Ihnen aber auch, jene ungeliebten Selbstanteile genauer herauszuarbeiten. So erkennen Sie, wie sehr diese im Laufe der Entwicklung ein allzu mächtiges, ungünstiges Eigenleben entfaltet haben. Diese Selbstanteile zunächst einmal zu akzeptieren, könnte ein bescheidener und zugleich bedeutender Anfang sein. Das kann die Psychoanalyse für Sie leisten.
Sagen Sie. Sprechen Sie aus, was Ihnen in den Sinn kommt.
Das ist die Grundregel und damit beginnt die Psychoanalyse.
Sie sind jetzt darauf aufmerksam geworden, was Sie mit der Psychoanalyse anfangen können, mit anderen Worten:
was Ihnen die Psychoanalyse „bringen“ kann; ein hohes Erkenntnispotenzial. In diesem Sinne: Sprechen Sie. Mich an…